Die Geschichte der Karikatur von Sportlern

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Die Karikatur, abgeleitet vom italienischen Verb „caricare“ (überladen, übertrieben) und vom lateinischen „carrus“ (Karren … Überladung), hat eine lange Geschichte.

Bereits im Alten Ägypten finden sich derartige – bewusst übertriebene oder verzerrte – Darstellungen. Mit dem Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit wird der Begriff als ein künstlerisches Genre bekannt.

Leonardo da Vinci: Porträt-Karikaturen, ca. 1490

Sogar Leonardo da Vinci (1452-1519) oder Lucas Cranach der Ältere (1472-1553) karikierten Zeitgenossen. Neben zahlreichen Bildern, die sich ausschließlich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinandersetzten, waren dies erste Porträt-Karikaturen.

Die Personen wurden überspitzt dargestellt ohne die Erkennbarkeit zu verlieren … und dies mit wenigen Strichen.

Geschichte der Karikaturen von Sportlern ab 1750

Die Geschichte der Karikaturen von Sportlern begann mit Zeichnungen von Boxern ab 1750. In dieser Disziplin wurden auch erste Sport-Champions ermittelt.

Johann Heinrich Ramberg die farbige Radierung „The Triumph“
Johann Heinrich Ramberg: „The Triumph“, 1788

Im Januar 1788 fertigte Johann Heinrich Ramberg die farbige Radierung „The Triumph“ an.

Sie zeigt den neuen englischen Boxmeister Richard Humphreys, den begeisterte Sportanhänger auf einen Thron setzten und im Triumphzug mit sich führten.

Ramberg wurde 1763 in Hainholz bei Hannover geboren. Der englische König verhalf dem jungen Deutschen zu einem Studium an der Royal Academy of Arts ab 1781 in London. Erfolge erzielte er alsbald mit seinen satirischen Zeichnungen.

Ab dem Jahr 1869 veröffentlichte die britische Wochenzeitschrift „Vanity Fair“ Karikaturen.

Im Mai 1870 wurde „As straight as a reed“ von Alfred Thompson „ATn“ abgedruckt. Dargestellt ist Admiral Rous, der sein Leben dem Galopprennsport widmete. Bei all seinen Verdiensten um den Pferdesport: Selbst trat er jedoch als aktiver Sportsmann nie in Erscheinung.

Dies änderte sich mit der Abbildung von Edward Batthyany im September 1874. Der Graf war Segelsportler, gewann mit seiner Yacht fast jedes Rennen.

Sein Zeichner war der Italiener Carlo Pellegrini „Ape“ (1839-1889), der vor allem in England arbeitete.

Er ist nicht zu verwechseln mit einem anderen Carlo Pellgrini (1866-1937). Der gewann bei den Olympischen Spiele 1912 im Kunstwettbewerb die Goldmedaille mit einem Triptychon.

Ein Jahr nach der Veröffentlichung des Segelsportlers von „Ape“ druckte „Vanity Fair“ dessen Zeichnung von Captain Matthew Webb ab. Er war im August 1875 die erste Person, die den Ärmelkanal ohne Verwendung künstlicher Hilfsmittel durchschwommen hatte. Ihm zu Ehren wurde 1910 in Dover ein Denkmal errichtet.

In dem britischen Magazin wurden auch bald mehrere Karikaturzeichnungen von Leslie Ward „Spy“ abgedruckt.

Ein weit über die Landesgrenzen hinaus bekannter und von ihm gezeichneter Sportler war der Ruderer Guy Nickalls, der bei den Olympischen Sommerspielen 1908 Gold mit dem Achter gewann.

Nicht weniger bekannt – vor allem in England – war der Cricketspieler William Gilbert Grace.

1900 hielt Godfrey Douglas Giles „G.D.G.“ den 1873 in Berlin-Hoppegarten geborenen Herbert Otto Madden mit dessen markanten Zügen im Bild fest. „Otto“ entwickelte sich zu einem der besten Jockeys Englands, wurde viermaliger Champion in Flachrennen.

1912 wurde in „Vanity Fair“ eine Zeichnung von Wallace Hester „W. H.“ veröffentlicht. Es zeigt den 63-jährigen ehemaligen Fußballspieler Arthur Kinnaird, der ab 1873 insgesamt neun unübertroffene FA-Cup-Endspiele bestritt.

Karikaturen zur Illustration der (Sport-)Berichterstattungen

In dieser Zeit wurden verstärkt auch in deutschen und französischen Tageszeitungen zur Illustration der (Sport-)Berichterstattungen Karikatur-Porträts veröffentlicht.

Einer jener Künstler war der 1871 in Kassel geborene Ernst Neumann-Neander. Von ihm wurden in „Das Schnauferl“ 1904 Zeichnungen der allerersten international erfolgreichen Motorradfahrer abgebildet. Damals fuhr er mit einem selbst konstruierten Griffon-Motorrad mit Zedel-Motor von Paris aus zu den größten Motorsport-Veranstaltungen der Anfangszeit.

Sieger in diesem Wettbewerb um den Internationalen Pokal des Motocycle-Club de France wurde der Einheimische Léon Demester auf Griffon vor František Toman aus Österreich-Ungarn auf einem in Jungbunzlau produzierten Motorrad Laurin & Klement.

Max Leuthe aus Wien – Mitbegründer des Fußballsports in seiner Heimat und selbst prominenter Aktiver – fertigte vor allem Zeichnungen der namhaftesten Spieler jener Zeit an. Alfréd Schaffer, der 1923 von Budapest nach Wien wechselte … daneben der tschechische „Star“ Karel Pešek-Káďa.

Carl Franz Bauer, wie Leuthe 1879 in der Hauptstadt der Doppelmonarchie Ungarn-Österreich geboren, war ein hoch geschätzter Pferdemaler.

Er verstand es auch hervorragend, die Jockeys und Trabrennfahrer ins Bild zu setzen.

Torsten Schonberg: „Ray“ Ewry
Torsten Schonberg: „Ray“ Ewry
Torsten Schonberg: Leon Meredith
Torsten Schonberg: Leon Meredith

Der schwedische Zeichner Torsten Schonberg fertigte schon Karikaturen erster weltweit erfolgreicher Sportler an. So hielt er den US-Amerikaner „Ray“ Ewry im Bild fest, der ab 1900 bei vier Olympischen Spielen zehn Goldmedaillen in der Leichtathletik gewann. 

Im seiner Zeit sehr beliebten Bahnradsport wurde der Brite Leon Meredith unter anderem siebenfacher Amateur-Steher-Weltmeister – ein bis heute ungebrochener Rekord.

Auch der Brite Peter Ronald C. Buchanan, dessen Zeichnungen unter dem Pseudonym „The Tout“ veröffentlicht wurden, widmete sich vordergründig dem Pferderennsport. Ebenso gelungen waren seine Karikaturen von Rennfahrern für „The Motor Magazine“.

Bilder: „Manna and the St. Leger“ – Pferdebesitzer Harry Morriss und Jockey Steve Donoghue … und: „All Aboard for Brooklands“ mit Weltrekordfahrer Sir Malcolm Campbell am Lenkrad.

Der gebürtige Prager Walter Trier – berühmt geworden durch seine Illustrationen zu den Kinderbüchern von Emil Kästner – karikierte ebenfalls die besten Sportler der Welt … in einem ganz besonderen Stil.

Hervorragende deutschsprachige Vertreter der „Zunft“ der Pressezeichner waren Emil Stumpp aus Neckarzimmern und David Friedmann aus Mährisch-Ostrau .

Vor allem Michel Liebeaux „Mich“ und René Pellarin „Pellos“, auch Abel Petit, waren die französischen Zeichner jener Zeit, die erfolgreiche Sportler karikierten.

Als Beispiele: Tennis-Star Max Décugis und Luftfahrt-Pionier Louis Blériot (von „Mich“), von „Pellos“: die Schweizer Motorradsport-Weltmeister Fritz Scheidegger mit Luigi Taveri und Radrennfahrer Fausto Coppi, der unter anderem dreifacher Weltmeister war und zwei Mal die Tour de France gewann.

Abel Petit: Belgisches Tour de France Team

Der Schweizer Olympiasieger 1920 im Freistilringen Robert Roth und das belgische Team bei der Tour de France Anfang der 1930er Jahre mit den Weltmeistern Georges Ronsse und Jean Aerts stammen von Abel Petit.

In England pflegten am ehesten Roland Hill „RIP“, George Douglas „MAC“ Machin und John Barradale Melhuish „MEL“ mit Erfolg diesen Zeichenstil.

„MEL“ hat die gesamte Sportlerwelt – sämtlicher bekannter Disziplinen – in seinen Bildern festgehalten.

Die englischen Cricket- und Fußball-Nationalspieler Wilfred Rhodes und Charlie Buchan stammen von „RIP“, Schottlands Fußball-Nationalspieler Alex James und Englands Vorkriegs-Star „Dixie“ Dean von „MAC“), Schwergewichts-Boxweltmeister Max Schmeling aus Deutschland und Australiens Cricket-Star Don Bradman von „MEL“.

Bald schon gesellte sich Ralph Sallon dazu, der 1899 im damals von Russland kontrollierten Polen geboren wurde und 1904 mit der Familie vor der zaristischen Verfolgung nach London floh. Zwei seiner Zeichnungen: Formel-1-Rennfahrer Stirling Moss und die britische Trial-Legende Gordon Jackson.

Mit den Karikaturzeichnungen erfolgreicher und beliebter Sportler von Walter Trier, „MAC“ und „MEL“ wurden vor allem die seiner Zeit sehr populären Sammelbilder – in der Regel Produkte der Zigarettenindustrie – gestaltet.

Der Schwede Åke Skiöld erlangte vor allem in seiner Heimat durch die Zeitungs-Serie „Fantomen“ einen großen Bekanntheitsgrad, viele Zeichnungen seines Landsmannes Per Larsson „Tecknar-Lasse“ wurden 1950-52 im „Serienmagasinet“ abgedruckt … und noch heute gesammelt.

Schwedens Motorrad-Star Ragnar Sunnqvist und Fußballspieler Nils Liedholm, der 1948 Olympiasieger und zehn Jahre später Vize-Weltmeister wurde stammen von Åke Skiöld, der tschechoslowakische Langstreckenläufer Emil Zatopek und Geschwindigkeits-Weltrekordler Malcom Campbell aus England von „Tecknar-Lasse“.

Ohne eine Vollständigkeit zu erreichen, gehören – neben den beiden Schweden – zu den bekanntesten Sportler-Karikaturisten Anfang des 20. Jahrhunderts die Deutschen Curt Mueller, Kurt Beier „KUBEGO“ und Kurt Franke, Szepes Béla aus Ungarn, die US-Amerikaner Murray Olderman und Willard Mullin – ein Baseball-Spezialist, Edward Alaszewski aus Polen, der Schweizer Robert Lips sowie Pierre Rollot „Siro“ und Robert Décremps „Déro“ aus Frankreich.

Deutschlands Mittelstreckenläufer Rudolf Harbig und Rennfahrer Bernd Rosemeyer mit Ehefrau Elly Beinhorn, eine berühmte Fliegerin, zeichnete Curt Mueller; Igor Netto – ein russischer Weltklasse-Fußballer und DDR-Radsportler Klaus Ampler „KUBEGO“.

Max Morlock – Fußball-Weltmeister 1954 und Australiens dreifache Olympiasiegerin Shirley Strickland stammen aus der Feder von Kurt Franke, der schwedische Schwimm-Star Arne Borg und „Jesse“ Owens, der bei den Olympischen Spielen 1936 vier Goldmedaillen gewann, von Béla Szepes – selbst Medaillengewinner bei Olympischen Spielen.

Murray Olderman zeichnete Billie Jean King, US-amerikanischer Tennis-Star und Box-Schwergewichts-Weltmeister Muhammad Ali; Willard Mullin „Lou“ Gehrig und „Babe Ruth“ – Baseball-Idole in den USA.

Ortrun Enderlein – Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Rennrodeln sowie Ingrid Krämer – 1960 und 1964 Olympiasiegerin im Wasserspringen – karikierte Edward Alaszewski; Wilhelm Schreiber/Eugen Blersch – 1931 bis 1937 Weltmeister im Radball und Karl Schäfer – der Wiener war ab 1930 zweifacher Olympiasieger und sieben Mal Weltmeister im Eiskunstlauf – Robert Lips.

Frankreichs Fußball-Star Marius Trésor und sein Landsmann Laurent Fignon, der zwei Mal die Tor de France der Radprofis gewann, wurden von „Siro“ ins Bild gesetzt; Italiens Gino Bartali – der ebenfalls zwei Mal die Tour de France gewann und der Belgier Eddy Merckx – er wurde drei Mal Weltmeister im Straßenrennen, gewann die Tour de France fünf Mal – von „Dero“.

Zur Schaffensperiode jener Zeichner sind nach neuen Recherchen auch die Tschechen Marcel Niederle und Otakar Mašek, der Australier Tony Rafty sowie der Russe Igor Sokolow zu zählen.


Über Sportler-Karikaturen.de

Resultierend aus seinem außergewöhnliches Interesse an der Sportgeschichte – beginnend mit dem Motorradsport (www.motorsport-geschichte.de) – sah sich Steffen Ottinger auch mit Karikatur-Zeichnungen von den erfolgreichsten Sportler konfrontiert.

Diese wurden in mehreren Jahren gesammelt und archiviert.

Die Seite verfolgt keinerlei kommerzielle Ziele.

Sie stellt eine Übersicht derjenigen Künstler – mit Beispielen Ihrer Zeichnungen – dar, die sich bis in die 1990er Jahre Karikatur-Porträts erfolgreicher Sportler gewidmet hatten.

Parallel setzte er sich mit den Künstlerpersönlichkeiten auseinander: Wann und wo lebten sie, in welchen Medien dienten deren Zeichnungen zur Illustration …

Interessiert ist der Verfasser der Website an originalen Zeichnungen der aufgeführten Künstler.

Ein Querschnitt dieser Karikaturen – unter denen seit 1874 kaum ein bekannter Sportler fehlt – würde sich auch gut in einer Ausstellung präsentieren lassen.

Hinweise zur Thematik werden gebeten an:

steffen.ottinger@gmx.de